Einführung
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Wissenschaftlicher Hintergrund
In Novaquatis untersuchten wir, ob, in welcher Form und unter welchen Umständen sich die NoMix-Technologie lohnt. Weil die Fragestellung sehr umfassend ist, organisierten wir die einzelnen Projekte in Arbeitspaketen entlang den Stationen eines möglichen Nährstoffkreislaufes. Einen Überblick finden Sie hier, mehr Datails in den einzelnen Novaquatis Publikationen.
Resultate und Synthese
Erfreulich ist, dass die Bevölkerung der NoMix-Technologie grosse Sympathie entgegenbringt. Alle in Novaquatis Befragten kannten die noch nicht ausgereifte Technologie und nutzten sie auch. Obwohl sie die Mängel der heutigen NoMix-WCs erkannten, waren sie mit überwiegender Mehrheit von deren Kerngedanken überzeugt (Nova 1). Die Praxis zeigt ebenfalls grosses Interesse: So wurden im Kanton Basel-Landschaft umfangreiche Pilotprojekte erfolgreich durchgeführt (Nova PP). Auch bei der Schonung von Ressourcen schneidet die NoMix-Technologie gut ab: Sie hat das Potenzial, auf energieeffiziente Weise sehr viel zum Gewässerschutz beizutragen. Zudem stellt Urin dort, wo es heute an Nährstoffen mangelt, eine lokale Nährstoffressource dar (Nova 7).
Die Schwierigkeiten liegen im Detail. Als Knackpunkt erwies sich der Transport des Urins. Neue Leitungen zu verlegen oder den Urin mit Lastwagen aus den Kellerspeichern zu einer zentralen Aufbereitung zu transportieren, ist teuer und aufwändig. In Novaquatis erarbeiteten wir kostengünstige Lösungen, um Urin in der bestehenden Kanalisation zu transportieren (Nova 3). Trotz ihres Potenzials überzeugten sie die Projektpartner aus der Sanitärindustrie nicht. Sie sind zu stark auf Schweizer Verhältnisse zugeschnitten und eignen sich zudem nur für kleinere Einzugsgebiete. Die Sanitärindustrie schätzt deshalb das Marktpotenzial als zu gering ein, als dass sich Investitionen in die NoMix-Technologie lohnten (Nova 2). Eine bessere Sanitärtechnologie ist jedoch unbedingt notwendig; zwar lassen sich mit den heutigen NoMix-WCs Pilotprojekte durchführen – grössere Demonstrationsprojekte aber bereits nicht mehr (Nova PP). Die weitere Entwicklung hängt also massgeblich von den Einwänden der Sanitärindustrie ab.
Gleichzeitig zeigten Literaturstudien (Nova 7) das grosse Potenzial der NoMix-Technologie aus globaler Sicht. Vor allem Küstengewässer sind stark von Überdüngung bedroht. Wegen des rasanten Bevölkerungswachstums in diesen Regionen rücken die Probleme mit Nährstoffen aus Abwasser auf der globalen Agenda weit nach vorne. Es müssen mehr Nährstoffe eliminiert werden, was heute fast ausschliesslich in Industrieländern geschieht. In Gegenden, wo man noch nicht über eine vollständig ausgebaute Infrastruktur verfügt, kann die NoMix-Technologie Gewässer schneller und effizienter schützen als der Ausbau von Kanalisation und Kläranlagen. Das Potenzial der NoMix-Technologie bei grossem Bevölkerungsdruck, der zu fast unlösbaren Gewässerschutzproblemen führt, wurde eindrücklich am Beispiel von China dargelegt (Nova 8).
Letztlich geht es also um Wirtschaftlichkeit und die technischen und organisatorischen Möglichkeiten der Urinseparierung. Könnte man Urin problemlos transportieren, wäre eine zentrale Urin-Aufbereitung zu befürworten. Die Verfahren existieren bereits (Nova 4), und Prozesse wie Phosphorfällung und biologische Stickstoffelimination lassen sich im konzentrierten Urin wesentlich günstiger und energieeffizienter als im Abwasser durchführen. Grosses Potenzial haben auch Verfahren zur Wiedergewinnung von Stickstoff und Elimination von Mikroverunreinigungen – von Menschen ausgeschiedene und in den Gewässern nachgewiesene Medikamente und Hormone. Schätzungsweise die Hälfte des ökotoxikologischen Risikos dieser Stoffe gelangt über den Urin ins Abwasser (Nova 5).
Da der Transport schwierig und / oder teuer ist, stellt sich die Frage nach den Möglichkeiten und der Wirtschaftlichkeit dezentraler Prozesse. Urin direkt im Haus aufzubereiten, erscheint attraktiv. Im Rahmen von Novaquatis war es jedoch nicht mehr möglich, dezentrale Verfahren detailliert zu untersuchen. Sicher ist, dass auch hier die Kombination von Phosphorfällung und biologischer Stickstoffelimination aussichtsreich ist. Wir sind zuversichtlich, dass dezentrale Verfahren durch Massenproduktion für die Sanitär- und andere Industrien wirtschaftlich interessant werden können. Als problematischer stufen wir die Stabilität und Wartungsintensität dezentraler Verfahren ein, insbesondere bei den biologischen Prozessen. Um der NoMix-Technologie zum Durchbruch zu verhelfen, können beide Lösungsansätze parallel verfolgt werden. Die wissenschaftlichen Kompetenzen an der Eawag prädestinieren uns eher dazu, stabile biologische Prozesse und Lösungen für die organisatorischen Probleme dezentraler Prozesse zu entwickeln, als neue Optionen für den Transport zu suchen.
Literatur
Larsen, T.A., W. Gujer (1996) Separate management of anthropogenic nutrient solutions (human urine). Water Science and Technology 34(3–4): 87–94.
Larsen, T.A., W. Gujer (1997) The concept of sustainable urban water management. Water Science and Technology 35(9): 3–10.
Larsen, T.A., I. Peters, A. Alder, R. Eggen, M. Maurer, J. Muncke (2001) Re-engineering the toilet for sustainable wastewater management. Environmental Science & Technology 35(9): 192A–197A.
Larsen, T.A., M. Maurer, K.M. Udert, J. Lienert (submitted) Nutrient cycles and resource management: Implications for the choice of wastewater treatment technology. Accepted for presentation at IWA Advanced Sanitation Conference, Aachen, 12.–13.3.2007, submitted to Water Science and Technology.
Wilsenach, J.A., M. Maurer, T.A. Larsen, M.C.M. van Loosdrecht (2003) From waste treatment to integrated resource management. Water Science and Technology 48(1): 1–9.